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Ungeschriebene Lehre

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Die Ausgrabungsstätte der Platonischen Akademie, wo Platons Schüler über die Urprinzipien diskutierten

Als ungeschriebene Lehre bezeichnet man eine dem antiken Philosophen Platon (428/427–348/347 v. Chr.) zugeschriebene metaphysische Lehre. Sie wird in der neueren Forschung Prinzipienlehre genannt, denn sie handelt von zwei höchsten Prinzipien, auf die alles zurückgeführt wird. Die Bezeichnung „ungeschriebene Lehre“ bezieht sich auf die Annahme, dass Platon sein Konzept zwar mündlich dargelegt, aber nie schriftlich fixiert hat.

Die Glaubwürdigkeit der einschlägigen Quellen ist umstritten. Ihnen zufolge war Platon der Meinung, bestimmte Teile seiner Lehre seien nicht zur Veröffentlichung geeignet. Da diese Lehrinhalte nicht auf allgemeinverständliche Weise schriftlich dargelegt werden könnten, müsse ihre Verbreitung in schriftlich fixierter Form zu Missverständnissen führen. Daher soll sich Platon darauf beschränkt haben, die ungeschriebene Lehre in seiner Philosophenschule, der Akademie, fortgeschrittenen Schülern zu erläutern. Aus dem mündlichen Unterricht sollen die überlieferten Angaben über den Inhalt stammen.

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts haben Philosophiehistoriker den großangelegten Versuch unternommen, die Grundzüge der „ungeschriebenen Lehre“ systematisch zu rekonstruieren. Dieses Vorhaben einer Forschergruppe, die „Tübinger Platonschule“ genannt wird, hat bei vielen Altertumswissenschaftlern Anklang gefunden. Andererseits haben aber auch zahlreiche Forscher Vorbehalte geltend gemacht oder die Rekonstruktion insgesamt verworfen. Manche Kritiker halten die Quellengrundlage der Tübinger Rekonstruktion für unzureichend, andere bestreiten sogar die Existenz einer ungeschriebenen Lehre Platons oder bezweifeln zumindest ihren systematischen Charakter und betrachten sie als ein unausgearbeitetes Konzept. Die intensive und teilweise scharfe Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern des „Tübinger Platonbilds“ wird von beiden Seiten mit großem Nachdruck geführt und von den Befürwortern als Paradigmenwechsel in der Platonforschung eingestuft.

Der Ausdruck „ungeschriebene Lehren“ (ἄγραφα δόγματα ágrapha dógmata) zur Bezeichnung von schulinternen Lehrinhalten Platons ist erstmals bei dessen Schüler Aristoteles bezeugt. In seiner Physik schreibt Aristoteles, Platon habe in seinem Dialog Timaios einen Begriff anders verwendet als „in den sogenannten ungeschriebenen Lehren“.[1] Auf diesen antiken Ausdruck greifen die modernen Befürworter der Authentizität der Prinzipienlehre zurück. Aristoteles verwendet hier das Wort „sogenannt“ nicht ironisch, sondern wertneutral.

In der Forschungsliteratur ist auch von der „esoterischen Lehre“ Platons die Rede. Mit Esoterik im heute geläufigen Sinn des Wortes hat dies aber nichts zu tun, und es ist auch keine Geheimlehre gemeint. Der Begriff soll nur ausdrücken, dass die ungeschriebene Lehre für einen inneren Kreis von Philosophieschülern bestimmt war, die über die nötigen Vorkenntnisse verfügten und sich bereits mit der exoterischen Ideenlehre auseinandergesetzt hatten.[2]

Die modernen Befürworter der Rekonstruierbarkeit der ungeschriebenen Lehre werden manchmal verkürzend und salopp als „Esoteriker“ bezeichnet, die Vertreter von skeptischen Gegenpositionen als „Anti-Esoteriker“.[3] Da die Rekonstruktion in erster Linie von Forschern der Universität Tübingen unternommen und verteidigt wurde, spricht man von den „Tübingern“, der „Tübinger Schule“ oder – zur Unterscheidung von einer theologischen Tübinger Schule – von der „Tübinger Platonschule“. Das aus der Rekonstruktion resultierende neue Bild von Platons Metaphysik wird „Tübinger Paradigma“ genannt. Seit die Tübinger Platon-Interpretation in dem Mailänder Gelehrten Giovanni Reale einen engagierten Fürsprecher gefunden hat, ist auch von der „Tübinger und Mailänder Schule“ die Rede. Reale hat für die Prinzipienlehre die Bezeichnung „Protologie“ (Lehre vom Ersten) eingeführt, weil sie von den ersten Prinzipien handelt.

Quellenlage und Indizien

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Die Argumentation für das Tübinger Paradigma erfolgt in zwei Schritten. Der erste Schritt besteht in der Präsentation der Belege und Indizien für die Existenz philosophisch relevanter Sonderinhalte von Platons mündlichem Unterricht. Damit soll gezeigt werden, dass Platons Dialoge, die alle erhalten geblieben sind, nicht seine gesamte Philosophie darstellen, sondern nur deren zur schriftlichen Verbreitung bestimmten Teil. Im zweiten Schritt wird der Quellenbefund für die mutmaßlichen Inhalte der ungeschriebenen Lehre ausgewertet und der Versuch unternommen, ein kohärentes System zu rekonstruieren.

Argumente für die Existenz einer ungeschriebenen Lehre

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Für die Existenz einer ungeschriebenen Lehre werden hauptsächlich folgende Belege angeführt und Argumente vorgebracht:

  • Stellen in der Metaphysik und der Physik des Aristoteles, insbesondere eine Stelle in der Physik, wo er ausdrücklich auf „sogenannte ungeschriebene Lehren“ Platons Bezug nimmt.[4] Hierzu wird geltend gemacht, dass Aristoteles ein langjähriger Schüler Platons und Kenner des Unterrichtsbetriebs in der Akademie war und daher als gut informiert gelten kann.
  • Der Bericht des Aristoxenos, eines Schülers des Aristoteles, über Platons öffentlichen Vortrag „Über das Gute“.[5] Wie Aristoxenos mitteilt, pflegte Aristoteles zu erzählen, der Vortrag habe mathematische und astronomische Darlegungen enthalten und Platon habe auch das Eine – das höchste Prinzip – thematisiert. Die letztere Angabe und der Titel des Vortrags lassen erkennen, dass es um die Prinzipienlehre ging. Nach der Darstellung des Aristoteles stieß der Vortrag bei dem philosophisch unkundigen Publikum auf Unverständnis.
  • Platons „Schriftkritik“ in den Dialogen. In mehreren unzweifelhaft echten Dialogen artikuliert Platon seine Skepsis gegenüber der Schrift als Medium des Wissenstransfers und bringt seine Bevorzugung mündlicher Wissensvermittlung zum Ausdruck. Eine ausführliche Erläuterung seiner Position bietet er im Dialog Phaidros. Dort begründet er die Überlegenheit mündlicher gegenüber schriftlicher Verbreitung philosophischer Lehren mit der weitaus größeren Flexibilität des mündlichen Diskurses, die ein entscheidender Vorteil sei. Der Autor eines Textes könne sich nicht auf den Kenntnisstand und die Bedürfnisse der einzelnen Leser einstellen, er könne weder deren Fragen beantworten noch auf Kritik eingehen. All dies sei nur im Gespräch möglich; dort sei die Sprache lebendig und beseelt. Das Geschriebene sei nur ein Abbild des Gesprochenen. Das Schreiben und Lesen führe nicht nur zu einer Schwächung des Gedächtnisses, sondern sei auch zur Vermittlung von Weisheit ungeeignet; diese könne nur durch mündlichen Unterricht erfolgen. Nützlich seien geschriebene Worte nur als Gedächtnisstütze für diejenigen, die schon Bescheid wissen. Literarische Tätigkeit sei nur Spielerei. Das Wesentliche seien die persönlichen Gespräche mit Schülern, bei denen die Worte auf jeweils individuelle Weise in die Seele geschrieben würden. Nur wer so lehren könne, sei als Philosoph zu betrachten. Wer hingegen nichts „Wertvolleres“ (timiōtera) habe als schriftliche Texte, an deren Formulierung er lange gefeilt hat, der sei nur Schriftsteller. Das „Wertvollere“ – die Deutung dieser Stelle ist sehr umstritten – wird als Hinweis auf die ungeschriebene Lehre gedeutet.[6]
  • Die Schriftkritik im Siebten Brief, dessen Echtheit umstritten ist, aber von der Tübinger Schule angenommen wird. Dort äußert sich Platon – falls er tatsächlich der Verfasser ist – zu seinen nur mündlich vermittelten Lehren (das, „womit es mir ernst ist“). Er stellt nachdrücklich fest, es gebe darüber von ihm keine Schrift und werde auch niemals eine geben, denn dieser Stoff lasse sich keineswegs so wie andere Lerngegenstände mitteilen. Vielmehr entstehe das Verständnis in der Seele aus intensiver gemeinsamer Bemühung und aus dem gemeinsamen Leben. Dies geschehe plötzlich, wie ein übergesprungener Funke ein Licht entzündet. Eine schriftliche Fixierung sei schädlich, denn sie würde nur in den Lesern Illusionen erzeugen: entweder die Verachtung von Unverstandenem oder die Arroganz des Scheinwissens.[7]
  • Die „Aussparungsstellen“ in den Dialogen. In den Dialogen finden sich zahlreiche Stellen, an denen ein besonders wichtiges Thema zwar angesprochen, aber nicht näher erörtert wird. In manchen Fällen bricht die Diskussion gerade dort ab, wo sie sich dem Kern eines Problems nähert. Dabei geht es um Fragen, die für die Philosophie von grundlegender Bedeutung sind. Die Befürworter des Tübinger Paradigmas deuten die Aussparungsstellen als Hinweise auf Inhalte der ungeschriebenen Lehre, die in den Dialogen nur angedeutet werden können.
  • Der Umstand, dass eine Unterscheidung zwischen „exoterischem“, zur Verbreitung in weiten Kreisen bestimmtem Wissen und „esoterischem“, nur für den Unterricht in einer Schule geeignetem Stoff nicht ungewöhnlich war. Auch Aristoteles hat eine solche Unterscheidung vorgenommen.[8]
  • Die in der Antike verbreitete Auffassung, dass der Gehalt derjenigen Lehren Platons, die mündlicher Mitteilung vorbehalten blieben, wesentlich über das in den Dialogen Dargelegte hinausging.
  • Die mutmaßlich folgerichtige Durchführung von Platons Vorhaben, Individuelles auf Allgemeines und Vielheit auf Einheit zurückzuführen. Mit der Ideenlehre reduzierte er die Mannigfaltigkeit der Erscheinungswelt auf die geringere Vielfalt der den Erscheinungen zugrunde liegenden Ideen. Innerhalb des hierarchisch geordneten Ideenreichs ließ er die vielen spezielleren Ideen von den weniger zahlreichen allgemeineren, umfassenden Ideen abhängen. Daraus ergibt sich die Vermutung, dass die Einführung der Ideen nur eine Etappe auf seinem Weg von der maximalen Vielheit zur größtmöglichen Einheit war. Es läge in der Konsequenz seines Denkens, die Zurückführung von Vielheit auf Einheit zum Abschluss zu bringen. Dies müsste in einer unveröffentlichten Theorie von den höchsten Prinzipien geschehen sein.[9]

Die Quellenbasis der Rekonstruktion

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Platon hat die schriftliche Verbreitung angeblicher Inhalte der ungeschriebenen Lehre zwar – falls der Siebte Brief echt ist – scharf missbilligt, doch gab es keine Schweigepflicht der „Eingeweihten“. Der „esoterische“ Charakter der Lehre ist nicht im Sinne einer Geheimhaltungsvorschrift oder eines Aufzeichnungsverbots zu verstehen. Vielmehr fertigten Schüler in der Akademie Aufzeichnungen an, die sie später veröffentlichten oder bei der Abfassung eigener Werke verwerteten.[10] Dies spricht für die Rekonstruierbarkeit von Platons nur mündlich dargelegter Lehre anhand der „indirekten Tradition“, der Angaben anderer Autoren.

Für die Rekonstruktion der ungeschriebenen Lehre sind vor allem folgende Quellen herangezogen worden:

  • Die Metaphysik (Bücher Α, Μ und N) und die Physik (Buch Δ) des Aristoteles
  • Fragmente von Aristoteles’ verlorenen Schriften Über das Gute und Über die Philosophie
  • Die Metaphysik Theophrasts, eines Schülers des Aristoteles
  • Zwei Fragmente der verlorenen Schrift Über Platon, die Platons Schüler Hermodoros von Syrakus verfasste[11]
  • Ein Fragment eines verlorenen Werks von Platons Schüler Speusippos[12]
  • Die Schrift Adversus mathematicos des Sextus Empiricus (10. Buch). Die dort dargestellten Lehren werden von Sextus allerdings nicht ausdrücklich Platon zugeschrieben, sondern als pythagoreisch bezeichnet. Dass Platon ihr Urheber sei, ist eine nur auf Indizien gestützte Hypothese.[13]
  • Platons Dialoge Politeia und Parmenides. Wenn man Platon aufgrund der indirekten Tradition die Prinzipienlehre zuschreibt, erscheinen manche Äußerungen und Gedankengänge in diesen beiden Dialogen in einem anderen Licht. Die so interpretierten Dialogtexte tragen dann ihrerseits zur schärferen Konturierung des Bildes von der Prinzipienlehre bei. Auch Erörterungen in anderen Dialogen – etwa dem Philebos und dem Timaios – können dann anders verstanden und in das System des Tübinger Paradigmas eingeordnet werden. Sogar in frühen Dialogen sind Anspielungen auf die Prinzipienlehre vermutet worden.[14]

Der mutmaßliche Inhalt

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Die Befürworter des Tübinger Paradigmas haben sich anhand der verstreuten Angaben und Indizien in den Quellen intensiv um die Rekonstruktion der Prinzipienlehre bemüht. Sie sehen in dieser Lehre das Kernstück der Philosophie Platons und sind zu einem relativ geschlossenen Bild ihrer Grundzüge gelangt. Allerdings sind viele wichtige Einzelheiten unbekannt oder strittig.[15] Ein wichtiger Aspekt des Tübinger Paradigmas ist die Annahme, dass die ungeschriebene Lehre nicht zusammenhanglos neben der geschriebenen steht, sondern dass zwischen ihnen eine enge und notwendige Verbindung besteht.

Sofern das Tübinger Paradigma der authentischen Lehre Platons entspricht, hat er mit der Prinzipienlehre in der Metaphysik einen neuen Weg beschritten. In der Ideenlehre hatte er manche Vorstellungen der Eleaten, einer Richtung der Vorsokratiker, aufgegriffen. Die Prinzipienlehre hingegen bricht mit der Grundüberzeugung der Eleaten, wonach nichts über dem vollkommenen, unwandelbaren Sein steht. Sie ersetzt diese Vorstellung durch das neuartige Konzept einer absoluten Transzendenz, das über das Sein hinausführt. Jenseits der seienden Dinge wird ein schlechthin vollkommener Bereich des „Überseienden“ oder „Seinstranszendenten“ angenommen. Dort soll der Ursprung aller seienden Dinge zu suchen sein. „Seinstranszendent“ nennt man das, was das Sein transzendiert (übersteigt), das heißt: sich auf einer höheren Ebene als die seienden Dinge befindet. In einem solchen Modell ist alles Seiende als solches in gewisser Hinsicht unvollkommen, da der Übergang vom absolut transzendenten Übersein zum Sein bereits eine Einschränkung der ursprünglichen absoluten Vollkommenheit darstellt.

Die beiden Urprinzipien und ihr Zusammenwirken

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Mit der Ideenlehre führt Platon die sinnlich wahrnehmbare Welt auf vollkommene, unveränderliche Ideen zurück. Für ihn ist das Reich der „platonischen“ Ideen eine objektiv existierende metaphysische Realität, die unabhängig vom Dasein der Sinnesobjekte besteht. Die Ideen, nicht die Objekte der Sinneserfahrung, stellen die eigentliche Wirklichkeit dar. Sie sind die im eigentlichen Sinne seienden Dinge. Als prägende Muster der einzelnen vergänglichen Sinnesobjekte sind sie die Ursachen von deren Beschaffenheit und verleihen ihnen die Existenz.

So wie die Ideenlehre die Existenz und Vielfalt der Erscheinungswelt erklären soll, dient die Prinzipienlehre als einheitliche Erklärung für die Existenz und Vielfalt des Ideenreichs. Die Zusammenfügung der beiden Theorien zielt somit auf ein vereinheitlichtes Modell von allem. Mit der Prinzipienlehre wird die Existenz der Ideen und damit auch diejenige der Sinnesobjekte auf nur zwei Urprinzipien zurückgeführt.[16]

Die beiden fundamentalen Urprinzipien sind das Eine als Prinzip der Einheit und Bestimmtheit und die „unbegrenzte“ oder „unbestimmte“ Zweiheit (ahóristos dyás). Die unbestimmte Zweiheit soll Platon als „das Große und Kleine“ oder „das Groß-Kleine“ (to méga kai to mikrón) beschrieben haben.[17] Sie ist das Prinzip der Verminder- und Vermehrbarkeit, des Zweideutigen und Unbestimmten und der Vielheit. Dabei handelt es sich nicht um Unbegrenztheit im Sinne einer räumlichen oder quantitativen Unendlichkeit, sondern die Unbestimmtheit besteht im Fehlen einer Festlegung und damit einer Gestaltung. Mit der Bezeichnung „unbestimmt“ wird die Zweiheit als Urprinzip von der bestimmten Zweiheit – der Zahl Zwei – unterschieden und als meta-mathematisch gekennzeichnet.[18]

Die Einheit und die unbestimmte Zweiheit sind die Anfangsgründe von allem, denn aus ihrem Zusammenwirken resultiert die Ideenwelt und damit die Gesamtwirklichkeit. Die ganze Mannigfaltigkeit der Sinnesphänomene beruht letztlich auf nur zwei Faktoren. Die formgebende Einheit ist die erzeugende Instanz, die formlose unbestimmte Zweiheit dient der Wirksamkeit der Einheit als Substrat. Ohne das Substrat könnte die Einheit nichts hervorbringen. Alles Sein beruht darauf, dass das Eine auf die unbestimmte Zweiheit einwirkt, indem es dem Formlosen Grenzen setzt, ihm Form und Merkmale verleiht und damit als Individuationsprinzip die einzelnen Entitäten in die Existenz bringt. In allem Seienden liegt eine Mischung der beiden Urprinzipien vor.[19]

Je nachdem, ob das eine oder das andere Urprinzip überwiegt, herrscht in den Entitäten Ordnung oder Unordnung vor. Je chaotischer etwas ist, desto stärker tritt darin die Präsenz des Zweiheitsprinzips hervor.[20]

Nach dem Tübinger Paradigma prägt das Konzept der beiden gegensätzlichen Urprinzipien nicht nur die Ontologie, sondern auch die Logik, die Ethik, die politische Philosophie, die Kosmologie, die Erkenntnistheorie und die Seelenlehre Platons. In der Ontologie entspricht dem Prinzipiengegensatz der Gegensatz von Sein und Nichtsein; je mehr sich in einem Ding der Einfluss des Zweiheitsprinzips geltend macht, desto geminderter ist sein Sein und desto niedriger daher sein ontologischer Rang. In der Logik steht die Einheit für Identität und Gleichheit, die unbestimmte Zweiheit für Verschiedenheit und Ungleichheit. Der ethischen Einstufung zufolge bedeutet die Einheit „Gutheit“ (aretḗ), die unbestimmte Zweiheit Schlechtigkeit. Im Staat ist die Einheit der Bürger das, was ihn zum Staat macht und seinen Fortbestand ermöglicht, während die Zweiheit sich als das spaltende, chelatisierende und auflösende Prinzip bemerkbar macht. In der Kosmologie zeigt sich die Einheit in der Ruhe, in der Beständigkeit und Ewigkeit der Welt, aber auch in der Belebtheit des Kosmos und im planmäßigen Handeln des Schöpfergottes (Demiurgen); die unbestimmte Zweiheit ist dort das Prinzip der Bewegung und Veränderung, insbesondere der Vergänglichkeit und speziell des Todes. Erkenntnistheoretisch steht die Einheit für das philosophische Wissen, das auf Kenntnis der unwandelbaren platonischen Ideen beruht, die unbestimmte Zweiheit für das von den Sinneseindrücken abhängige bloße Meinen. Im Seelenleben entspricht der Einheit die Vernunft, der unbestimmten Zweiheit der Bereich der Triebe und körpergebundenen Affekte.[21]

Die Abhängigkeit des Zweiheitsprinzips vom Einen ist allerdings nicht im Sinne einer reinen Negativität des zweiten Urprinzips, das an sich selbst betrachtet keinen positiven Seinsbestand begründet, aufzufassen. Nur in den vergänglichen Erscheinungen bewirkt die unbestimmte Zweiheit einen Mangel an Sein, indem sie die Bestimmtheit des Seins abschwächt. In der Ideenwelt hingegen ruft sie die gegenteilige Wirkung hervor: Fülle der Ideen und damit Reichtum an Seinsgehalt. Dort wird die Negativität der Zweiheit durch die Übermacht des Einen in Positivität umgewandelt.[22]

Monismus und Dualismus

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Die Annahme zweier Urprinzipien wirft die Frage auf, ob die Prinzipienlehre und damit im Fall ihrer Authentizität Platons gesamte Philosophie monistisch oder dualistisch ist. Monistisch ist das Modell, falls dem Gegensatz zwischen der Einheit und der unbestimmten Zweiheit ein einziges Prinzip zugrunde liegt. Dies ist der Fall, wenn das Vielheitsprinzip auf das Einheitsprinzip zurückgeführt und diesem dadurch untergeordnet wird. Eine andere monistische Interpretation der Prinzipienlehre besteht in der Annahme einer übergeordneten Meta-Einheit, die den beiden gegensätzlichen Prinzipien zugrunde liegt und sie vereinigt. Wenn hingegen die unbegrenzte Zweiheit als für sich getrennt bestehendes, von jeglicher Einheit unabhängiges Urprinzip aufgefasst wird, handelt es sich um eine dualistische Lehre.

Den Angaben der Quellen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, wie man sich das Verhältnis der beiden Urprinzipien vorzustellen hat. Klar ist immerhin, dass dem Einen ein höherer Rang zugewiesen wird als der unbestimmten Zweiheit[23] und dass nur das Eine als absolut transzendent betrachtet wird. Dies spricht für eine monistische Interpretation der Prinzipienlehre und passt zu Äußerungen Platons in seinen Dialogen, die eine monistische Denkweise erkennen lassen. Im Dialog Menon schreibt er, dass alles in der Natur unter sich verwandt sei,[24] und in der Politeia ist zu lesen, dass es einen Ursprung (archḗ) von allem gebe, den die Vernunft ergreifen könne.[25]

Bei den Befürwortern des Tübinger Paradigmas sind die Meinungen zu dieser Frage geteilt.[26] Nach dem vorherrschenden Lösungsansatz betrachtete Platon zwar die unbestimmte Zweiheit als unentbehrlichen Grundbestandteil der Weltordnung, nahm aber ein allem übergeordnetes Einheitsprinzip an und war daher Monist. Diese Position haben Jens Halfwassen,[27] Detlef Thiel[28] und Vittorio Hösle[29] ausführlich begründet. Halfwassen hält es für unmöglich, die unbestimmte Zweiheit aus dem Einen abzuleiten, da sie damit ihren Status als Urprinzip verlöre und weil das absolut transzendente Eine keine latente Vielheit in sich enthalten könne. Die unbestimmte Zweiheit sei aber dem Einen nicht gleichursprünglich und gleichmächtig, sondern von ihm abhängig. Sie sei Prinzip des Seienden nur im Zusammenwirken mit dem Einen, das allein Sein und Bestimmtheit setze. Damit erweist sich Platons Philosophie nach Halfwassens Deutung als letztlich monistisch. John Niemeyer Findlay plädiert ebenfalls nachdrücklich für ein monistisches Verständnis der Prinzipienlehre.[30] Für Cornelia J. de Vogel ist der monistische Aspekt der Lehre der überwiegende.[31] Von einem System mit teils monistischen, teils dualistischen Zügen gehen Hans Joachim Krämer[32] und Konrad Gaiser[33] aus. Christina Schefer meint, der Prinzipien-Gegensatz sei logisch unaufhebbar und weise daher über sich hinaus. Er verweise auf eine „unsagbare“ intuitive Urerfahrung, die Platon gemacht habe: die Erfahrung des Gottes Apollon als des gemeinsamen Grundes hinter den beiden Urprinzipien.[34] Auch dieser Ansatz läuft somit auf eine monistische Gesamtkonzeption hinaus.

Obwohl die Prinzipienlehre nach der heute vorherrschenden Forschungsmeinung als letztlich monistisches System angelegt ist, hat sie auch einen dualistischen Aspekt. Dieser wird von den Vertretern monistischer Interpretationen nicht bestritten, doch meinen sie, dass er der monistischen Gesamtstruktur untergeordnet ist. Die dualistische Seite des Konzepts besteht darin, dass nicht nur die Einheit, sondern auch die unbestimmte Zweiheit als Urprinzip aufgefasst wird. Diese Ursprünglichkeit der Zweiheit betont Giovanni Reale. Er hält aber den Begriff Dualismus für unpassend und spricht lieber von einer „bipolaren Struktur des Wirklichen“. Dabei berücksichtigt Reale aber auch, dass die beiden Pole nicht gleichgewichtig sind. Er stellt fest, dass die Einheit „der Zweiheit hierarchisch überlegen bleibt“.[35] Gegen jede Ableitung der Zweiheit aus einem übergeordneten Einheitsprinzip und damit für einen konsequenten Dualismus Platons plädieren Heinz Happ,[36] Marie-Dominique Richard[37] und Paul Wilpert.[38] Sie glauben, dass ein ursprünglicher Dualismus Platons später monistisch umgedeutet worden sei.

Wenn die Prinzipienlehre authentisch und ihre monistische Deutung richtig ist, erhält Platons Metaphysik einen Charakter, der stark an die neuplatonischen Modelle aus der römischen Kaiserzeit erinnert. In diesem Fall ist das neuplatonische Verständnis seiner Philosophie in einem zentralen Bereich historisch richtig. Dann ist der Neuplatonismus weniger neuartig, als er ohne die Prinzipienlehre erschiene. Vertreter des Tübinger Paradigmas weisen auf diese Konsequenz hin. Sie sehen in Plotin, dem Begründer des Neuplatonismus, den konsequenten Fortsetzer einer von Platon selbst begründeten Denkrichtung. Plotins metaphysisches System sei in seinen Grundzügen schon der Generation von Platons Schülern vertraut gewesen. Dies entspricht Plotins eigener Sichtweise, denn er betrachtete sich nicht als Neuerer, sondern als getreuen Ausleger der Lehre Platons.[39]

Das Gute in der ungeschriebenen Lehre

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Ein wichtiges Forschungsproblem ist die umstrittene Frage nach der Stellung der Idee des Guten in dem metaphysischen System, das sich aus der Kombination von Ideenlehre und rekonstruierter Prinzipienlehre ergibt. Die Klärung dieser Frage hängt davon ab, wie man den Status deutet, den Platon der Idee des Guten im Rahmen der Ideenlehre zugedacht hat. In der Politeia grenzt er sie scharf von den übrigen Ideen ab. Er weist ihr eine einzigartige Vorrangstellung zu, denn nach seiner Überzeugung verdanken alle anderen Ideen ihr Sein dieser einen Idee. Somit sind sie ihr ontologisch untergeordnet.[40]

Den Ausgangspunkt der Forschungskontroverse bildet das umstrittene Verständnis des griechischen Begriffs Ousia – wörtlich „Seiendheit“ –, der gewöhnlich mit „Sein“ oder „Wesen“ wiedergegeben wird. In der Politeia ist zu lesen, das Gute sei „nicht die Ousia“, sondern „jenseits der Ousia“ und übertreffe sie an Ursprünglichkeit[41] und Macht.[42] Wenn hier nur das Wesen gemeint ist oder wenn die Stelle frei ausgelegt wird, lässt sich die Idee des Guten innerhalb des Ideenbereichs, des Bereichs der seienden Dinge, verorten. In diesem Fall kommt ihr keine absolute Transzendenz zu. Sie ist dann nicht seinstranszendent oder überseiend, sondern nimmt nur unter den seienden Dingen eine Vorrangstellung ein.[43] Nach dieser Interpretation ist sie nicht Gegenstand der Prinzipienlehre, sondern nur der Ideenlehre. Wenn hingegen mit Ousia das Sein gemeint ist und die Stelle wörtlich ausgelegt wird, ist „jenseits der Ousia“ im Sinne von Seinstranszendenz zu verstehen.[44] Dieser Deutung zufolge hat Platon die Idee des Guten als absolut transzendent betrachtet. Dann muss sie in den Bereich, mit dem sich die Prinzipienlehre befasst, eingeordnet werden.

Falls Platon die Idee des Guten als seinstranszendent aufgefasst hat, stellt sich das Problem ihres Verhältnisses zum Einen. Die meisten Verfechter der Existenz der ungeschriebenen Lehre meinen, dass das Eine und die Idee des Guten für Platon identisch waren. Ihrer Argumentation zufolge ergibt sich die Identität daraus, dass es im Bereich der absoluten Transzendenz keine Bestimmungen und damit auch keine Unterscheidung zweier Prinzipien geben kann. Außerdem berufen sich die Vertreter der Identitätshypothese auf Angaben des Aristoteles.[45] Eine abweichende Meinung vertritt Rafael Ferber. Er bejaht zwar die Existenz einer ungeschriebenen Lehre, deren Gegenstand das Gute gewesen sei, lehnt aber die Gleichsetzung des Guten mit dem Einen ab.[46]

Die idealen Zahlen

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Dem Bericht des Aristoxenos über Platons Vortrag „Über das Gute“ ist zu entnehmen, dass Ausführungen über die Zahlenlehre einen wesentlichen Teil der Argumentation ausmachten.[47] Diese Thematik hat demnach in der ungeschriebenen Lehre eine wichtige Rolle gespielt. Es handelt sich dabei nicht um Mathematik, sondern um eine Philosophie der Zahlen. Platon unterscheidet zwischen den mathematischen Zahlen und metaphysischen „idealen“ (eidetischen) Zahlen. Im Gegensatz zu mathematischen Zahlen lassen sich metaphysische keinen arithmetischen Operationen unterziehen. Beispielsweise ist, wenn es um ideale Zahlen geht, mit der Zwei nicht die Zahl 2, sondern das Wesen der Zweiheit gemeint.[48]

Die idealen Zahlen nehmen eine Mittelstellung zwischen den Urprinzipien und den Ideen ein. Sie stellen die ersten Entitäten dar, die aus den Urprinzipien hervorgehen. Das Hervorgehen ist – wie bei allen metaphysischen Erzeugungen – nicht zeitlich als Ereignis, sondern nur im Sinne einer ontologischen Abhängigkeit zu verstehen. Beispielsweise entsteht aus dem Zusammenwirken des Einen – des bestimmenden Faktors – und der unbestimmten Zweiheit – des Vielheitsprinzips – die Zweiheit im Bereich der idealen Zahlen. Diese ist als Produkt der beiden gegensätzlichen Urprinzipien von beiden geprägt: Sie ist die bestimmte Zweiheit. Ihre Bestimmtheit zeigt sich darin, dass sie das Verhältnis zwischen einem bestimmten Übertreffenden (dem Doppelten) und einem bestimmten Übertroffenen (dem Halben) ausdrückt. Sie ist keine Zahl, sondern eine Beziehung zwischen zwei Größen, von denen die eine das Doppelte der anderen ausmacht.[49]

Indem das Eine als bestimmender Faktor auf die unbestimmte Zweiheit, die in der Prinzipienlehre „das Große und Kleine“ genannt wird, einwirkt, eliminiert es deren Unbestimmtheit, die jedes Verhältnis zwischen Großem und Kleinem, Übertreffendem und Übertroffenem einschließt. So erzeugt das Eine durch Bestimmung der unbestimmten Vielheit die bestimmten Größenverhältnisse, die in der Prinzipienlehre als ideale Zahlen aufgefasst werden. Es entsteht die bestimmte Zweiheit, die je nach Betrachtungsperspektive als Doppeltheit oder Halbheit erscheint. Ebenso werden auch die übrigen idealen Zahlen aus den Urprinzipien abgeleitet. In den idealen Zahlen ist die Raumstruktur angelegt, aus ihnen ergeben sich die Dimensionen des Räumlichen. Wesentliche Einzelheiten dieser überzeitlichen „Entstehungsvorgänge“ sind aber nicht überliefert; wie man sie sich vorzustellen hat, wird in der Forschung kontrovers diskutiert.[50]

Erkenntnistheoretische Aspekte

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Aussagen über das höchste Prinzip zählte Platon zum Zuständigkeitsbereich des Dialektikers, des methodisch folgernden Philosophen. Somit hat er die Prinzipienlehre – falls er ihr Urheber ist – auf diskursivem Weg entwickelt und argumentativ begründet. Dabei ergab sich für ihn, dass ein höchstes Prinzip notwendig sei; das Eine sei indirekt aus seinen Wirkungen zu erschließen. Ob oder inwieweit Platon außerdem einen unmittelbaren Zugang zum absolut transzendenten Bereich der ursprünglichen Einheit für möglich gehalten oder gar für sich in Anspruch genommen hat, ist in der Forschung umstritten. Es stellt sich die Frage, ob sich im Rahmen seiner Lehre aus der Seinstranszendenz eine Erkenntnistranszendenz ergeben musste oder ob er das höchste Prinzip zumindest theoretisch für erkennbar hielt.[51]

Auf diskursivem Weg konnte Platon nur bis zur Einsicht gelangen, dass das höchste Prinzip zwar ein Erfordernis seiner Metaphysik ist, dass dem absolut Transzendenten aber mit den Mitteln des Verstandes – der Dialektik – nicht beizukommen ist. Somit blieb ihm für ein Erfassen des Einen – und des Guten, falls er dieses mit dem Einen gleichsetzte – nur die Möglichkeit eines intuitiven Zugangs.[52] Strittig ist, ob er diesen Weg tatsächlich beschritten hat. Wenn er es getan hat, verzichtete er damit auf den Anspruch, im philosophischen Diskurs über jeden Erkenntnisschritt Rechenschaft ablegen zu können. Hinsichtlich der Idee des Guten schließt Michael Erler aus Äußerungen in der Politeia, dass Platon sie für intuitiv erkennbar gehalten hat.[53] Gegen eine eigenständige Rolle der Intuition im Erkenntnisprozess wenden sich hingegen u. a. Peter Stemmer,[54] Kurt von Fritz[55] und Jürgen Villers.[56] Jens Halfwassen meint, dass die Intuition zwar als ein unmittelbares Erfassen durch nichtsinnliche Anschauung für die Erkenntnis der Ideenwelt eine zentrale Rolle spiele, das höchste Prinzip aber erkenntnistranszendent sei. Das Eine sei für Platon zwar das Prinzip der Erkennbarkeit und der Erkenntniskraft, es selbst aber bleibe jeder Erkenntnis und Sagbarkeit entzogen.[57] Auch Christina Schefer nimmt an, dass Platon sowohl in der geschriebenen als auch in der ungeschriebenen Lehre einen wie auch immer gearteten philosophischen Zugang zum absolut Transzendenten ausgeschlossen habe. Er habe diesen Zugang aber auf einem anderen Weg gefunden: in einer „unsagbaren“ religiösen Erfahrung, der Theophanie des Gottes Apollon.[58] Im Zentrum seines Weltbilds habe weder die Ideenlehre noch die Prinzipienlehre gestanden, sondern die Apollon-Erfahrung, die keinen Lehrinhalt begründet habe. Das Tübinger Paradigma sei zwar tatsächlich ein wichtiger Bestandteil von Platons Philosophie, aber die Prinzipienlehre führe in Aporien (Ausweglosigkeiten), in eine Paradoxie und damit in eine Sackgasse.[59] Platons Äußerungen sei jedoch zu entnehmen, dass er einen Ausweg gefunden habe, der über die Prinzipienlehre hinausführe. In dieser Platon-Deutung erhält somit auch die ungeschriebene Lehre den Charakter von etwas Vorläufigem.[60]

Hinsichtlich der Gewissheit, mit der Platon die Prinzipienlehre für wahr hielt, gehen in der Forschung die Meinungen weit auseinander. Die Tübinger Schule unterstellt ihm einen erkenntnistheoretischen Optimismus. Besonders weit geht dabei Hans Krämer. Er ist der Ansicht, Platon habe für sich selbst mit dem höchsten möglichen Gewissheitsgrad den Anspruch auf eine Erkenntnis der Wahrheit dieser Lehre erhoben, sei also bezüglich der ungeschriebenen Lehre „Dogmatiker“ gewesen. Andere Forscher, darunter insbesondere Rafael Ferber, vertreten die Gegenposition, wonach die ungeschriebene Lehre für Platon nur eine möglicherweise irrige Hypothese war.[61] Konrad Gaiser meint, Platon habe die ungeschriebene Lehre zusammenhängend formuliert und als in sich geschlossene Konzeption vorgetragen, aber nicht als „Summe von dogmatisch feststehenden, doktrinär vertretenen, autoritär verkündeten Lehrsätzen“, sondern als kritisch überprüfbares, verbesserungsfähiges, auf ständige Weiterentwicklung angelegtes Modell.[62]

Wesentlich ist für Platon die Verknüpfung der Erkenntnistheorie mit der Ethik. Er betont, dass der Zugang zu den mündlich vermittelten Einsichten nur jenen Seelen offenstehe, welche die charakterlichen Voraussetzungen erfüllten. Der Philosoph, der mündlichen Unterricht erteile, habe jeweils zu prüfen, ob beim Schüler die erforderliche charakterliche Disposition vorhanden sei. Nach Platons Verständnis geht es bei der Erkenntnisgewinnung nicht um ein bloßes Begreifen mit dem Intellekt; vielmehr wird die Einsicht als Frucht langwieriger Bemühungen von der gesamten Seele erworben. Zwischen der Seele, der etwas vermittelt werden soll, und dem, was ihr zu vermitteln ist, muss eine innere Verwandtschaft bestehen.[63]

Die Datierungsfrage und die historische Einordnung

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Umstritten ist, wann Platon seinen öffentlichen Vortrag über das Gute gehalten hat.[64] Für die Befürworter des Tübinger Paradigmas hängt damit die Frage zusammen, ob die ungeschriebene Lehre zu Platons Spätwerk gehört oder schon relativ früh ausgearbeitet wurde. Bei der Beantwortung dieser Frage spielt auch der Gegensatz zwischen „Unitariern“ und „Revisionisten“ eine Rolle. Während die Unitarier meinen, Platon habe in der Metaphysik durchgängig eine kohärente Position vertreten, unterscheiden die Revisionisten verschiedene Entwicklungsphasen seines Denkens und nehmen an, dass er durch auftauchende Probleme genötigt worden sei, seine Auffassung gravierend zu ändern.

In der älteren Forschung herrschte die Auffassung, „Über das Gute“ sei eine „Altersvorlesung“ gewesen, die Platon an seinem Lebensende gehalten habe. Die Entstehung der ungeschriebenen Lehre wurde meist in die späte Phase seiner philosophischen Aktivität gesetzt. In der neueren Forschung mehren sich jedoch die Stimmen für eine Frühdatierung der ungeschriebenen Lehre. Dies kommt dem Ansatz der Unitarier entgegen. Ob schon frühe Dialoge Anspielungen auf die ungeschriebene Lehre enthalten, ist umstritten.[65]

Der herkömmlichen Einordnung des öffentlichen Vortrags als Altersvorlesung widerspricht Hans Krämer energisch. Er meint, der Vortrag sei in der Frühzeit von Platons Lehrtätigkeit gehalten worden. Außerdem sei „Über das Gute“ nicht nur eine einmalige öffentliche Vorlesung gewesen. Vielmehr handle es sich um eine Vortragsreihe, von der nur der erste, einführende Vortrag versuchsweise vor einem breiteren, unvorbereiteten Publikum gehalten worden sei. Nach dem Fehlschlag des öffentlichen Auftritts habe Platon die Konsequenz gezogen, diesen Stoff nur noch Philosophieschülern zu unterbreiten. Die Vorträge über das Gute mit Diskussion hätten eine Gesprächsreihe gebildet, mit der Platon jahrzehntelang regelmäßig seinen Schülern die ungeschriebene Lehre nahegebracht habe. Dies habe er bereits zur Zeit seiner ersten Sizilienreise (um 389/388) getan, also schon vor der Gründung der Akademie.[66]

Von den Philosophiehistorikern, die den öffentlichen Vortrag spät datieren, sind verschiedene zeitliche Eingrenzungen vorgeschlagen worden: der Zeitraum 359/355 (Karl-Heinz Ilting),[67] der Zeitraum 360/358 (Hermann Schmitz),[68] um 352 (Detlef Thiel)[69] und die Zeit zwischen Dions Tod 354 und Platons Tod 348/347 (Konrad Gaiser). Gaiser betont dabei, dass er seine Spätdatierung des öffentlichen Vortrags nicht mit der Annahme verbindet, die ungeschriebene Lehre sei spät entstanden. Vielmehr sei diese Lehre schon früh in der Akademie Unterrichtsstoff gewesen, wohl bereits zur Zeit von Platons Schulgründung.[70]

Unklar ist, warum Platon anspruchsvolle Inhalte der ungeschriebenen Lehre öffentlich vor einem philosophisch ungebildeten Publikum vortrug, bei dem er – wie nicht anders zu erwarten – auf Unverständnis stieß. Gaiser vermutet, dass er vor die Öffentlichkeit trat, um verzerrten Darstellungen der ungeschriebenen Lehre entgegenzutreten und damals kursierende Gerüchte zu entkräften, denen zufolge die Akademie ein Hort subversiver Umtriebe war.[71]

Nachwirkung bis zum Beginn der Moderne

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In der Generation von Platons Schülern war die Erinnerung an seinen mündlichen, von manchen Schülern aufgezeichneten Unterricht noch lebendig. Sie beeinflusste das heute großenteils verlorene philosophische Schrifttum dieser Zeit. Auf entschiedenen Widerspruch stieß die ungeschriebene Lehre bei Aristoteles, der sich in zwei nur fragmentarisch erhaltenen Abhandlungen – Über das Gute (drei Bücher) und Über die Philosophie – mit ihr auseinandersetzte und unter anderem auch in seinen Werken Metaphysik und Physik auf das Thema einging. Auch Aristoteles’ Schüler Theophrast befasste sich in seiner Metaphysik damit.[72]

Als sich in der Epoche des Hellenismus der Skeptizismus in der Akademie durchsetzte, konnte prinzipientheoretisches Lehrgut – soweit es noch bekannt war – kaum noch Interesse finden. Diese Ausrichtung des Interesses änderte sich zwar in der Zeit des Mittelplatonismus und des Neuplatonismus, doch war den damaligen Philosophen anscheinend von der Prinzipienlehre nicht viel mehr bekannt als den modernen Gelehrten.[73]

Nach der Wiederentdeckung der im Mittelalter verschollenen Originaltexte Platons in der Renaissance dominierte in der Frühen Neuzeit ein vom Neuplatonismus geprägtes Bild der Metaphysik Platons, zu dem auch die aus Aristoteles’ Darstellung bekannten Grundzüge der Prinzipienlehre gehörten. Zum Vorherrschen der neuplatonischen Platon-Interpretation hatte insbesondere der Humanist Marsilio Ficino (1433–1499) mit seinen Übersetzungen und kommentierenden Schriften beigetragen. Noch der einflussreiche populärwissenschaftliche Schriftsteller und Platon-Übersetzer Thomas Taylor (1758–1835) ordnete sich in diese Tradition der Platondeutung ein. Zwar wurde das neuplatonische Paradigma im 18. Jahrhundert zunehmend als problematisch eingeschätzt, doch gelang es nicht, es durch eine konsistente Alternative zu ersetzen.[74] Die Existenz der ungeschriebenen Lehre wurde weiterhin akzeptiert; Wilhelm Gottlieb Tennemann stellte in seiner 1792–95 erschienenen Untersuchung System der Platonischen Philosophie fest, Platon habe nie beabsichtigt, seine Philosophie vollständig schriftlich darzustellen.

19. Jahrhundert

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Im 19. Jahrhundert begann eine bis heute anhaltende Forschungsdiskussion um die Frage, ob tatsächlich mit einer ungeschriebenen Lehre zu rechnen ist, die gegenüber den Dialogen einen philosophischen Überschuss aufweist.

Friedrich Schleiermacher

Nachdem bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts das neuplatonische Paradigma vorgeherrscht hatte, führte Friedrich Schleiermacher mit der 1804 publizierten Einleitung zu seiner Platonübersetzung[75] eine radikale Wende herbei, deren Folgen bis in die Gegenwart spürbar sind. Schleiermacher vertrat die These der materialen Vollständigkeit der Dialoge. Er war der Überzeugung, der gesamte Gehalt von Platons Philosophie sei in den Dialogen enthalten, eine inhaltlich darüber hinausgehende mündliche Lehre habe nicht existiert. Nach Schleiermachers Verständnis ist die Dialogform kein literarischer Zusatz zur platonischen Philosophie, sondern Form und Inhalt sind untrennbar verbunden; das platonische Philosophieren ist seiner Natur nach ausschließlich dialogisch darstellbar. Damit ist eine ungeschriebene Lehre mit philosophisch relevanten Sonderinhalten ausgeschlossen.[76]

Schleiermachers Auffassung fand bald breite Zustimmung und setzte sich durch.[77] Zu ihren vielen Befürwortern zählte Eduard Zeller, ein führender Philosophiehistoriker des 19. Jahrhunderts, der in seinem nachhaltig einflussreichen Handbuch Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung Argumente gegen die „angebliche Geheimlehre“ vorbrachte.

Zwar stieß Schleiermachers strikte Ablehnung einer mündlichen Lehre von Anfang an auch auf Widerspruch, doch blieben die Kritiker vereinzelt. 1808 teilte der später berühmte Gräzist August Boeckh in einer Rezension von Schleiermachers Platonübersetzung mit, dass er die Argumente gegen die ungeschriebene Lehre nicht überzeugend fand. Es gebe eine große Wahrscheinlichkeit, dass Platon „ein Esoterisches hatte“, Lehren, über die er sich in seinen Schriften nicht unverhohlen äußerte, sondern nur in dunklen Winken; „was er hier nicht bis zur höchsten Spitze hinaufgeführt hatte, diesem setzte er im mündlichen Unterrichte den Gipfel und den Schlussstein auf“.[78] Christian August Brandis sammelte und kommentierte die Quellenaussagen zur ungeschriebenen Lehre,[79] Friedrich Adolf Trendelenburg und Christian Hermann Weisse wiesen in ihren Untersuchungen auf die Bedeutung dieser Überlieferung hin.[80] Auch Karl Friedrich Hermann wandte sich in einer 1849 publizierten Untersuchung über Platons schriftstellerische Motive gegen Schleiermachers These, indem er die Ansicht vertrat, Platon habe den Kern seiner Lehre in den Schriften nur angedeutet und auf direkte Weise nur mündlich dargelegt.[81]

20. und 21. Jahrhundert

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Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war in der Platonforschung die „antiesoterische“ Richtung die eindeutig vorherrschende. Allerdings nahmen schon vor der Jahrhundertmitte einige Forscher an, dass es eine nur mündlich vermittelte Lehre Platons gegeben hat. Zu ihnen zählten John Burnet, Julius Stenzel, Alfred Edward Taylor, Léon Robin, Paul Wilpert und Heinrich Gomperz. Seit 1959 konkurriert das detailliert ausgearbeitete „Tübinger Paradigma“ mit der „antiesoterischen“ Interpretation.

Harold Cherniss

Im 20. Jahrhundert war der profilierteste Vertreter der „antiesoterischen“ Richtung Harold Cherniss. Er bezog schon ab 1942 Stellung, also vor der Erarbeitung und Veröffentlichung des Tübinger Paradigmas. Sein Hauptanliegen war die Entkräftung der Glaubwürdigkeit von Aristoteles’ Angaben, die er auf dessen antiplatonische Haltung und auf Missverständnisse zurückführte. Cherniss meinte, Aristoteles gebe im Rahmen seiner Polemik gegen Platon dessen Auffassung verfälschend wieder und widerspreche sich dabei selbst. Er bestritt rundweg einen inhaltlichen Überschuss von Platons mündlichen Lehren gegenüber den Dialogen. Moderne Hypothesen über den philosophischen Unterricht in der Akademie seien haltlose Spekulationen. Es bestehe ein grundlegender Widerspruch zwischen der Ideenlehre der Dialoge und den Angaben des Aristoteles. Platon habe durchgängig die Ideenlehre vertreten und es gebe kein plausibles Argument für die Annahme, dass er sie durch den angeblichen Inhalt einer ungeschriebenen Lehre fundamental modifiziert habe. Der Siebte Brief komme als Quelle nicht in Betracht, da er unecht sei.[82]

Die antisystematische Interpretation von Platons Philosophie

Im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert ist es zu einer Radikalisierung von Schleiermachers „dialogischem“ Ansatz gekommen. Zahlreiche Forscher haben sich für eine „antisystematische“ Interpretationsweise ausgesprochen, die auch als „Dialogtheorie“ bekannt ist. Diese Richtung verwirft jede Art von „dogmatischer“ Platondeutung und insbesondere die Möglichkeit einer „esoterischen“ ungeschriebenen Lehre. Sie wendet sich grundsätzlich gegen die Annahme, Platon habe eine bestimmte systematische Lehre besessen und als Wahrheit verkündet. Die antisystematischen Ansätze stimmen darin überein, dass das Wesentliche am platonischen Philosophieren nicht die Durchsetzung einzelner inhaltlicher Positionen sei, sondern die gemeinsame dialogische Reflexion und speziell die Erprobung von Analysemethoden. Dieses Philosophieren sei – was schon Schleiermacher betont hatte – durch seine Prozesshaftigkeit charakterisiert, deren Dynamik den Leser zum Weiterdenken anrege. Es ziele nicht auf dogmatisch fixierte endgültige Wahrheiten, sondern bestehe in einem nie zum Abschluss kommenden Fragen und Antworten. Diese Weiterentwicklung von Schleiermachers Dialogtheorie kehrte sich schließlich gegen ihn selbst: Ihm wurde vorgeworfen, aus den Dialogen zu Unrecht eine systematische Philosophie herausgelesen zu haben.[83]

Einen Widerspruch zwischen Platons prinzipieller Schriftkritik und der Annahme, er habe seine gesamte Philosophie schriftlich der Öffentlichkeit mitgeteilt, sehen die Befürworter der antisystematischen Interpretation nicht. Sie meinen, die Schriftkritik beziehe sich nur auf Lehrschriften. Da die Dialoge keine Lehrschriften sind, sondern den Stoff in der Gestalt fiktiver Gespräche darbieten, seien sie nicht von der Schriftkritik betroffen.[84]

Die Entstehung und Verbreitung des Tübinger Paradigmas

Bis in die 1950er Jahre stand die Frage, ob man aus den Quellenzeugnissen auf die tatsächliche Existenz einer ungeschriebenen Lehre schließen darf, im Mittelpunkt der Diskussion. Seit die Tübinger Schule ihr neues Paradigma vorgetragen hat, dreht sich die lebhafte und kontroverse Debatte überdies um die Tübinger Hypothese, wonach die ungeschriebene Lehre in ihren Grundzügen rekonstruierbar ist und die Rekonstruktion den Kern von Platons Philosophie erschließt.

Das Tübinger Paradigma wurde erstmals von Hans Joachim Krämer formuliert und eingehend begründet. Er veröffentlichte seine Ergebnisse 1959 in einer umgearbeiteten Fassung seiner von Wolfgang Schadewaldt betreuten Dissertation von 1957.[85] 1963 habilitierte sich Konrad Gaiser, der ebenso wie Krämer ein Schüler Schadewaldts war, in Tübingen mit einer umfangreichen Monographie über die ungeschriebene Lehre.[86] In der Folgezeit erläuterten und verteidigten die beiden Tübinger Gelehrten das Paradigma in einer Reihe von Publikationen.[87]

Thomas A. Szlezák, ein profilierter Vertreter der Tübinger Schule

Weitere namhafte Vertreter des Paradigmas sind Thomas Alexander Szlezák, der von 1990 bis 2006 ebenfalls in Tübingen lehrte und sich insbesondere mit der Schriftkritik und den Aussparungsstellen befasst hat,[88] der Heidelberger Philosophiehistoriker Jens Halfwassen, der vor allem die Geschichte der Prinzipienlehre vom 4. Jahrhundert v. Chr. bis zum Neuplatonismus erforscht hat, und Vittorio Hösle.[89] Zustimmung zum Tübinger Platonbild kam etwa von Michael Erler,[90] Jürgen Wippern,[91] Karl Albert,[92] Heinz Happ,[93] Willy Theiler,[94] Klaus Oehler,[95] Hermann Steinthal,[96] John Niemeyer Findlay,[97] Marie-Dominique Richard,[98] Herwig Görgemanns,[99] Walter Eder,[100] Josef Seifert,[101] Joachim Söder,[102] Carl Friedrich von Weizsäcker,[103] Detlef Thiel[104] und – mit einem neuen, weitergehenden Ansatz – Christina Schefer,[105] mit Vorbehalt auch von Cornelia J. de Vogel,[106] Rafael Ferber,[107] John M. Dillon,[108] Jürgen Villers,[109] Christopher Gill,[110] Enrico Berti[111] und Hans-Georg Gadamer.[112] Da der Mailänder Philosophiehistoriker Giovanni Reale in einer eingehenden Untersuchung das Tübinger Paradigma weiterentwickelt hat, spricht man heute auch von einer „Tübinger und Mailänder Schule“.[113] In Italien haben sich auch Maurizio Migliori[114] und Giancarlo Movia[115] für die Authentizität der ungeschriebenen Lehre ausgesprochen. Nachdrücklich tritt Reales Schülerin Patrizia Bonagura für das Tübinger Paradigma ein.[116]

Die Kritik am Tübinger Paradigma

Unterschiedliche skeptische Gegenpositionen haben besonders im englischsprachigen, aber auch im deutschsprachigen Raum Resonanz gefunden.[117] In den USA haben Gregory Vlastos und Reginald E. Allen gegen die Tübinger Platondeutung Stellung genommen.[118] Leo Strauss, der sich nie explizit mit den „Tübingern“ auseinandergesetzt hat, wird heute ebenfalls als Kritiker des von ihnen erarbeiteten Paradigmas verstanden.[119] In Italien kam Widerspruch gegen das Paradigma von Franco Trabattoni[120] und Francesco Fronterotta,[121] in Frankreich von Luc Brisson,[122] in Schweden von Eugène Napoléon Tigerstedt.[123] Zu den deutschsprachigen Kritikern zählen Theodor Ebert,[124] Ernst Heitsch,[125] Fritz-Peter Hager[126] und Günther Patzig.[127]

Eine radikal skeptische Position lautet, Platon habe mündlich nichts gelehrt, was nicht in den Dialogen steht. Gemäßigte Skeptiker gehen zwar von einer ungeschriebenen Lehre aus, kritisieren aber die Tübinger Rekonstruktion als spekulativ, unzureichend begründet und zu weitreichend.[128] Manche Kritiker des Tübinger Paradigmas bestreiten zwar nicht die Authentizität der Prinzipienlehre, sehen aber in ihr einen späten Einfall Platons, den er nicht systematisch ausgearbeitet und nicht in seine frühere Philosophie integriert habe. Sie meinen, es handle sich bei der Prinzipienlehre nicht um den Kern von Platons Philosophie, sondern nur um ein unausgereiftes Konzept aus der Endphase seiner philosophischen Arbeit. Er habe dieses Konzept als Hypothese eingeführt, aber nicht mit der Metaphysik seiner Dialoge zu einem stimmigen Ganzen verbunden. Zu den Vertretern dieser Deutung gehören Dorothea Frede,[129] Karl-Heinz Ilting[130] und Holger Thesleff.[131] Ähnlich urteilen Andreas Graeser, der die ungeschriebene Lehre auf „schulinterne Diskussionsbeiträge“ reduziert,[132] und Jürgen Mittelstraß, der „ein vorsichtiges Fragen und hypothetische Beantwortungsvorschläge“ Platons annimmt.[133] Rafael Ferber meint, Platon habe die Prinzipienlehre unter anderem auch deswegen nicht schriftlich fixiert, weil er sie nicht als Wissen, sondern als bloße Meinung betrachtet habe.[134] Margherita Isnardi Parente bestreitet nicht die Möglichkeit einer ungeschriebenen Lehre, schätzt aber die Überlieferung als unzuverlässig ein und hält das Tübinger Paradigma für unvereinbar mit der Philosophie der Dialoge, in denen die authentische Auffassung Platons zu finden sei. Die Darstellung des Aristoteles beziehe sich auf eine nicht von Platon selbst, sondern von Akademieangehörigen stammende Systematisierung platonischen Gedankenguts.[135] Auch Franco Ferrari führt die Systematisierung nicht auf Platon zurück.[136] Wolfgang Kullmann lehnt die Authentizität der Zweiprinzipienlehre nicht ab, sieht aber einen fundamentalen Widerspruch zwischen ihr und der Philosophie Platons in den Dialogen.[137] Wolfgang Wieland geht von der Rekonstruierbarkeit der ungeschriebenen Lehre aus, stuft ihre philosophische Relevanz aber sehr niedrig ein und meint, es könne sich nicht um den Kern von Platons Lehre handeln.[138] Franz von Kutschera hält die Existenz einer ungeschriebenen Prinzipientheorie Platons für kaum ernstlich bestreitbar, meint aber, die indirekte Überlieferung bewege sich philosophisch auf so niedrigem Niveau, dass ein sinnvoller Rekonstruktionsversuch von den Dialogen ausgehen müsse.[139] Domenico Pesce bejaht die Existenz einer ungeschriebenen Lehre, deren Gegenstand das Gute gewesen sei, verwirft aber deren Rekonstruktion durch die Tübinger Schule und insbesondere die Annahme, Platon habe die Wirklichkeit für bipolar gehalten.[140]

Eine auffällige Begleiterscheinung der teils mit großer Schärfe geführten Auseinandersetzungen um das Tübinger Paradigma ist, dass Vertreter beider Seiten der jeweiligen Gegenseite eine weltanschauliche Voreingenommenheit unterstellt haben.[141] Zu diesem Aspekt der Debatte bemerkt Konrad Gaiser: „In diesem Streit spielen, wohl auf beiden Seiten, eigene, moderne Vorstellungen von dem, was vorbildliche Philosophie ist, unbewusst mit; und deswegen ist auf eine Einigung in diesem Streit kaum zu hoffen.“[142]

  • Margherita Isnardi Parente (Hrsg.): Testimonia Platonica (= Atti della Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di scienze morali, storiche e filologiche, Memorie, Reihe 9, Band 8, Heft 4 und Band 10, Heft 1). Rom 1997–1998 (kritische Ausgabe mit italienischer Übersetzung und Kommentar)
    • Heft 1: Le testimonianze di Aristotele, 1997
    • Heft 2: Testimonianze di età ellenistica e di età imperiale, 1998
  • Giovanni Reale (Hrsg.): Autotestimonianze e rimandi dei dialoghi di Platone alle „dottrine non scritte“. Bompiani, Milano 2008, ISBN 978-88-452-6027-8 (Zusammenstellung einschlägiger Texte Platons mit italienischer Übersetzung und ausführlicher Einleitung, in der Reale auch auf Kritik an seiner Position eingeht)

Übersichtsdarstellungen

Untersuchungen

  • Rafael Ferber: Warum hat Platon die „ungeschriebene Lehre“ nicht geschrieben? 2. Auflage, Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55824-5
  • Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre. Studien zur systematischen und geschichtlichen Begründung der Wissenschaften in der Platonischen Schule. 3. Auflage, Klett-Cotta, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-91911-2 (enthält S. 441–557 eine Zusammenstellung von Quellentexten)
  • Jens Halfwassen: Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin. 2., erweiterte Auflage, Saur, München und Leipzig 2006, ISBN 3-598-73055-1
  • Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles. Zum Wesen und zur Geschichte der platonischen Ontologie. Winter, Heidelberg 1959 (grundlegende Untersuchung, aber teilweise überholter Forschungsstand)
  • Hans Joachim Krämer: Platone e i fondamenti della metafisica. Saggio sulla teoria dei principi e sulle dottrine non scritte di Platone. 6. Auflage, Vita e Pensiero, Milano 2001, ISBN 88-343-0731-3 (besser verwendbar als die sehr mangelhafte englische Übersetzung: Plato and the Foundations of Metaphysics. A Work on the Theory of the Principles and Unwritten Doctrines of Plato with a Collection of the Fundamental Documents. State University of New York Press, Albany 1990, ISBN 0-7914-0434-X)
  • Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons. Eine Auslegung der Metaphysik der großen Dialoge im Lichte der „ungeschriebenen Lehren“. 2., erweiterte Auflage, Schöningh, Paderborn 2000, ISBN 3-506-77052-7 (allgemeinverständliche Darstellung, daher als Einführung geeignet)
  • Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon. Une nouvelle interprétation du platonisme. 2., überarbeitete Auflage, Les Éditions du Cerf, Paris 2005, ISBN 2-204-07999-5 (enthält S. 243–381 eine Zusammenstellung der Quellentexte ohne kritischen Apparat mit französischer Übersetzung)
  • Vortrag von Thomas Alexander Szlezák: Friedrich Schleiermacher und das Platonbild des 19. und 20. Jahrhunderts
  1. Aristoteles, Physik 209b13–15.
  2. Siehe zu dieser Terminologie Hans-Georg Gadamer: Platos ungeschriebene Dialektik. In: Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Band 6: Griechische Philosophie II, Tübingen 1985, S. 129–153, hier: 130; Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin 1985, S. 400–405; Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 139f.; Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 409.
  3. Beispielsweise bei Konrad Gaiser: Platons esoterische Lehre. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 317–340, hier: 324.
  4. Aristoteles, Physik 209b13–15.
  5. Aristoxenos, Elementa harmonica 2,30–31. Text und deutsche Übersetzung bei Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Band 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, S. 74–76 (Kommentar S. 278–282).
  6. Platon, Phaidros 274b–278e. Siehe dazu Ernst Heitsch: Platon: Phaidros. Übersetzung und Kommentar, Göttingen 1993, S. 188–218 und zur Frage der timiotera Thomas Alexander Szlezák: Zum Kontext der platonischen τιμιώτερα. In: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft Neue Folge 16, 1990, S. 75–85; Thomas Alexander Szlezák: Platon lesen, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 69–76, 86; Ernst Heitsch: ΤΙΜΙΩΤΕΡΑ. In: Ernst Heitsch: Gesammelte Schriften, Band 3, München 2003, S. 338–347; Hans Joachim Krämer: Die grundsätzlichen Fragen der indirekten Platonüberlieferung. In: Hans-Georg Gadamer, Wolfgang Schadewaldt (Hrsg.): Idee und Zahl, Heidelberg 1968, S. 124–128. Kritik an Heitschs Phaidros-Interpretation übt Hans Krämer: Neue Literatur zum neuen Platonbild. In: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 14, 1989, S. 59–81, hier: 59–72.
  7. Platon, Siebter Brief 341b–342a. Siehe dazu den Kommentar von Rainer Knab: Platons Siebter Brief, Hildesheim 2006, S. 261–268. Vgl. Hans Joachim Krämer: Die grundsätzlichen Fragen der indirekten Platonüberlieferung. In: Hans-Georg Gadamer, Wolfgang Schadewaldt (Hrsg.): Idee und Zahl, Heidelberg 1968, S. 117–124.
  8. Hans Joachim Krämer: Die platonische Akademie und das Problem einer systematischen Interpretation der Philosophie Platons. In: Konrad Gaiser (Hrsg.): Das Platonbild, Hildesheim 1969, S. 198–230, hier: 208.
  9. Michael Erler: Platon, München 2006, S. 162–164; Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 143–148.
  10. Siehe dazu Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 421–425.
  11. Text und deutsche Übersetzung bei Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Band 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, S. 82–86, Kommentar S. 296–302. Siehe dazu Heinz Happ: Hyle, Berlin 1971, S. 137–140.
  12. Text und deutsche Übersetzung bei Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Band 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, S. 86–89, Kommentar S. 303–305. Siehe dazu Heinz Happ: Hyle, Berlin 1971, S. 142f.
  13. Siehe dazu Heinz Happ: Hyle, Berlin 1971, S. 140–142; Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 163–168; Konrad Gaiser: Quellenkritische Probleme der indirekten Platonüberlieferung. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 205–263, hier: 240–262; Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 343–348.
  14. Jens Halfwassen: Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, 2. Auflage, Leipzig 2006, S. 31f. und Anm. 73; Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 257–313.
  15. Übersichtsdarstellungen geben Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 425–429 und Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 295–340.
  16. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 199–201; Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 425; Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 190.
  17. Aristoteles, Metaphysik 987b; vgl. Physik 209b–210a.
  18. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 205–207.
  19. Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, Band 4, Stuttgart-Bad Cannstatt 1996, S. 154–162 (Quellen mit Übersetzung), 448–458 (Kommentar); Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 426f.
  20. Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 144f.; Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 18f.; Michael Erler: Platon, München 2006, S. 167.
  21. Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 18f., 73–81; Vittorio Hösle: Wahrheit und Geschichte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1984, S. 490–506; Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 279f., 287f.
  22. Jens Halfwassen: Mehr oder weniger ein Prinzip: Platons unbestimmte Zweiheit. In: Thomas Kisser, Thomas Leinkauf (Hrsg.): Intensität und Realität, Berlin 2016, S. 11–30, hier: 30.
  23. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 186f.
  24. Platon, Menon 81c–d.
  25. Platon, Politeia 511b.
  26. Eine Forschungsübersicht bietet Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 428f.
  27. Jens Halfwassen: Monismus und Dualismus in Platons Prinzipienlehre. In: Thomas Alexander Szlezák (Hrsg.): Platonisches Philosophieren, Hildesheim 2001, S. 67–85; Jens Halfwassen: Mehr oder weniger ein Prinzip: Platons unbestimmte Zweiheit. In: Thomas Kisser, Thomas Leinkauf (Hrsg.): Intensität und Realität, Berlin 2016, S. 11–30.
  28. Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 197–208.
  29. Vittorio Hösle: Wahrheit und Geschichte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1984, S. 459–506.
  30. John N. Findlay: Plato. The Written and Unwritten Doctrines, London 1974, S. 322–325.
  31. Cornelia J. de Vogel: Rethinking Plato and Platonism, Leiden 1986, S. 83f., 190–206.
  32. Hans Joachim Krämer: Der Ursprung der Geistmetaphysik, 2. Auflage, Amsterdam 1967, S. 329–334; Hans Joachim Krämer: Neues zum Streit um Platons Prinzipientheorie. In: Philosophische Rundschau 27, 1980, S. 1–38, hier: 27.
  33. Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 10, 12f., 200f., 352; Konrad Gaiser: Platons esoterische Lehre. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 317–340, hier: 330f.
  34. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 57–60.
  35. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 207f., 309–311.
  36. Heinz Happ: Hyle, Berlin 1971, S. 141–143.
  37. Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 231f.
  38. Paul Wilpert: Zwei aristotelische Frühschriften über die Ideenlehre, Regensburg 1949, S. 173–174.
  39. Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 197f. und Anm. 64; Jens Halfwassen: Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, 2. Auflage, Leipzig 2006, S. 17–33, 183–210.
  40. Eine Zusammenfassung einschlägiger Aussagen in der Politeia bietet Thomas Alexander Szlezák: Die Idee des Guten in Platons Politeia, Sankt Augustin 2003, S. 111f. Übersichten über die Positionen in der Forschungskontroverse bieten Rafael Ferber: Ist die Idee des Guten nicht transzendent oder ist sie es doch? Nochmals Platons ΕΠΕΚΕΙΝΑ ΤΗΣ ΟΥΣΙΑΣ. In: Damir Barbarić (Hrsg.): Platon über das Gute und die Gerechtigkeit, Würzburg 2005, S. 149–174, hier: 149–156 und Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 402–404.
  41. Griechisch presbeía „Altersvorrang“, auch mit „Würde“ übersetzt.
  42. Platon, Politeia 509b.
  43. Abgelehnt wird die Seinstranszendenz der Idee des Guten u. a. von Theodor Ebert: Meinung und Wissen in der Philosophie Platons, Berlin 1974, S. 169–173, Matthias Baltes: Is the Idea of the Good in Plato’s Republic Beyond Being? In: Matthias Baltes: Dianoemata. Kleine Schriften zu Platon und zum Platonismus, Stuttgart 1999, S. 351–371 und Luc Brisson: L’approche traditionelle de Platon par H.F. Cherniss. In: Giovanni Reale, Samuel Scolnicov (Hrsg.): New Images of Plato, Sankt Augustin 2002, S. 85–97.
  44. Eine zusammenfassende Darstellung dieser Position bietet Thomas Alexander Szlezák: Die Idee des Guten in Platons Politeia, Sankt Augustin 2003, S. 67f. Vgl. Rafael Ferber: Ist die Idee des Guten nicht transzendent oder ist sie es doch? Nochmals Platons ΕΠΕΚΕΙΝΑ ΤΗΣ ΟΥΣΙΑΣ. In: Damir Barbarić (Hrsg.): Platon über das Gute und die Gerechtigkeit, Würzburg 2005, S. 149–174, hier: 154–160 und Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 275–281.
  45. Jens Halfwassen: Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, 2. Auflage, Leipzig 2006, S. 21–23 und S. 221 Anm. 4; Thomas Alexander Szlezák: Die Idee des Guten in Platons Politeia, Sankt Augustin 2003, S. 70f.; Hans Krämer: Die Idee des Guten. Sonnen- und Liniengleichnis (Buch VI 504a–511e). In: Otfried Höffe (Hrsg.): Platon: Politeia, 3. Auflage, Berlin 2011, S. 135–153, hier: 142–145; Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 258–280; Konrad Gaiser: Plato’s enigmatic lecture ‚On the Good‘. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 265–294, hier: 265–268.
  46. Rafael Ferber: Platos Idee des Guten, 2., erweiterte Auflage, Sankt Augustin 1989, S. 76–78.
  47. Aristoxenos, Elementa harmonica 30.
  48. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 211, 219–221; Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 210f.; Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 250f.
  49. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 212f.; Rafael Ferber: Platos Idee des Guten, 2., erweiterte Auflage, Sankt Augustin 1989, S. 162–206; Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 117–123.
  50. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 211–218. Zu den Einzelheiten siehe Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 212–217, 221–225. Vgl. Rafael Ferber: Platos Idee des Guten, 2., erweiterte Auflage, Sankt Augustin 1989, S. 206–208; Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 81–88; Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 251–256, 261–265; Julia Annas: Aristotle’s Metaphysics. Books M and N, Oxford 1976, S. 42–62.
  51. Eine Übersicht über die einschlägigen Forschungsdebatten bietet Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 370–372.
  52. Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, 3. Auflage, Stuttgart 1998, S. 4f.; Konrad Gaiser: Platons esoterische Lehre. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 317–340, hier: 331–335.
  53. Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 370–372.
  54. Peter Stemmer: Platons Dialektik. Die frühen und mittleren Dialoge, Berlin 1992, S. 214–225; S. 220 Anm. 116 Aufzählung weiterer Gegner der Intuitionshypothese.
  55. Kurt von Fritz: Beiträge zu Aristoteles, Berlin 1984, S. 56f.
  56. Jürgen Villers: Das Paradigma des Alphabets. Platon und die Schriftbedingtheit der Philosophie, Würzburg 2005, S. 231–233.
  57. Jens Halfwassen: Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, 2. Auflage, Leipzig 2006, S. 224–234, 247–262, 400–404.
  58. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 60ff.
  59. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 5–62.
  60. Anderer Meinung ist hierzu Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 464f.
  61. Rafael Ferber: Hat Plato in der „ungeschriebenen Lehre“ eine „dogmatische Metaphysik und Systematik“ vertreten? In: Méthexis 6, 1993, S. 37–54; Christopher Gill: Platonic Dialectic and the Truth-Status of the Unwritten Doctrines. In: Méthexis 6, 1993, S. 55–72.
  62. Konrad Gaiser: Prinzipientheorie bei Platon. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 295–315, hier: 295f.
  63. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 49–56.
  64. Eine Übersicht über die gegensätzlichen Positionen bietet Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 72–76.
  65. Siehe zur Forschungsgeschichte Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 419f.
  66. Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 20–24, 404–411, 444. Später hat Krämer diese Auffassung bekräftigt; siehe seine Aufsätze Neues zum Streit um Platons Prinzipientheorie. In: Philosophische Rundschau 27, 1980, S. 16–18 Anm. 33, Aristoxenos über Platons ΠΕΡΙ ΤΑΓΑΘΟΥ. In: Hermes 94, 1966, S. 111–112 und Die grundsätzlichen Fragen der indirekten Platonüberlieferung. In: Hans-Georg Gadamer, Wolfgang Schadewaldt (Hrsg.): Idee und Zahl, Heidelberg 1968, S. 112–115. Anderer Meinung ist Philip Merlan: War Platons Vorlesung „Das Gute“ einmalig? In: Hermes 96, 1968, S. 705–709. Vgl. Margherita Isnardi Parente: La akroasis di Platone. In: Museum Helveticum 46, 1989, S. 146–162 und Margherita Isnardi Parente: L’eredità di Platone nell’accademia antica, Milano 1989, S. 34–36.
  67. Karl-Heinz Ilting: Platons ‚Ungeschriebene Lehren‘: der Vortrag ‚über das Gute‘. In: Phronesis 13, 1968, S. 1–31, hier: 5, 30.
  68. Hermann Schmitz: Die Ideenlehre des Aristoteles, Band 2: Platon und Aristoteles, Bonn 1985, S. 312–314, 339f.
  69. Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 180f.
  70. Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 280–282, 290, 304, 311. Gaisers Datierung wird mit weiteren Argumenten unterstützt von Walter Eder: Die ungeschriebene Lehre Platons: Zur Datierung des platonischen Vortrags „Über das Gute“. In: Hansjörg Kalcyk u. a. (Hrsg.): Studien zur Alten Geschichte, Bd. 1, Rom 1986, S. 207–235, hier: 222–235.
  71. Konrad Gaiser: Plato’s enigmatic lecture ‚On the Good‘. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 265–294, hier: 282–291. Zustimmung findet Gaiser bei Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 174–181.
  72. Siehe aber zur Schwierigkeit der Interpretation von Theophrasts Darstellung Margherita Isnardi Parente: Théophraste, Metaphysica 6 a 23 ss. In: Phronesis 16, 1971, S. 49–64. Vgl. Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 103–105, 152–158.
  73. Konrad Gaiser: Prinzipientheorie bei Platon. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 295–315, hier: 297f.
  74. Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 65f.
  75. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Über die Philosophie Platons, hrsg. und eingeleitet von Peter M. Steiner, Hamburg 1996, S. 21–119.
  76. Siehe dazu Thomas Alexander Szlezák: Schleiermachers „Einleitung“ zur Platon-Übersetzung von 1804. In: Antike und Abendland 43, 1997, S. 46–62.
  77. Gyburg Radke: Das Lächeln des Parmenides, Berlin 2006, S. 1–5.
  78. August Boeckh: Kritik der Uebersetzung des Platon von Schleiermacher. In: August Boeckh: Gesammelte kleine Schriften, Band 7, Leipzig 1872, S. 1–38, hier: 6f.
  79. Christian August Brandis: Diatribe academica de perditis Aristotelis libris de ideis et de bono sive philosophia, Bonn 1823.
  80. Friedrich Adolf Trendelenburg: Platonis de ideis et numeris doctrina ex Aristotele illustrata, Leipzig 1826; Christian Hermann Weisse: De Platonis et Aristotelis in constituendis summis philosophiae principiis differentia, Leipzig 1828.
  81. Karl-Friedrich Hermann: Über Platos schriftstellerische Motive. In: Konrad Gaiser (Hrsg.): Das Platonbild, Hildesheim 1969, S. 33–57 (Nachdruck).
  82. Die Publikationen, in denen Cherniss seine Position darlegt, sind Die ältere Akademie. Ein historisches Rätsel und seine Lösung, Heidelberg 1966 (Übersetzung von: The Riddle of the Early Academy, Berkeley 1945; enthält drei Vorträge von 1942) und Aristotle’s Criticism of Plato and the Academy, Bd. 1, Baltimore 1944. Eingehende Kritik an Cherniss’ Position übt Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 380–447. Kritisch äußert sich auch Cornelia J. de Vogel: Probleme der späteren Philosophie Platons. In: Jürgen Wippern (Hrsg.): Das Problem der ungeschriebenen Lehre Platons, Darmstadt 1972, S. 41–87.
  83. Zur Nachwirkung von Schleiermachers Sichtweise siehe Gyburg Radke: Das Lächeln des Parmenides, Berlin 2006, S. 1–62. Eine Zusammenfassung der Kernpunkte der modernen Dialogtheorie gibt Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin 1985, S. 332–336 (und Kritik daran S. 337–375).
  84. Franco Ferrari: Les doctrines non écrites. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Band 5, Teil 1 (= V a), Paris 2012, S. 648–661, hier: 658. Vgl. Hans Joachim Krämer: Retraktationen zum Problem des esoterischen Platon. In: Museum Helveticum 21, 1964, S. 137–167, hier: 148f.; Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin 1985, S. 342–347, 376–400; Konrad Gaiser: Schriftlichkeit und Mündlichkeit. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 29–41, hier: 31–39.
  85. Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 380–486.
  86. Konrad Gaiser: Platons ungeschriebene Lehre, Stuttgart 1963, 2. Auflage mit neuem Nachwort Stuttgart 1968.
  87. Die wichtigsten einschlägigen Arbeiten Krämers sind aufgelistet bei Jens Halfwassen: Monismus und Dualismus in Platons Prinzipienlehre. In: Bochumer philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter 2, 1997, S. 1–21, hier: S. 1f. Anm. 1. Mehrere Aufsätze Gaisers sind zusammengestellt in dem Band Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004.
  88. Thomas Alexander Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Berlin 1985, S. 327–410; Thomas Alexander Szlezák: Zur üblichen Abneigung gegen die agrapha dogmata. In: Méthexis 6, 1993, S. 155–174; Thomas Alexander Szlezák: Die Idee des Guten in Platons Politeia, Sankt Augustin 2003, S. 5–14, 133–146; Thomas Alexander Szlezák: Platon lesen, Stuttgart-Bad Cannstatt 1993, S. 27–30, 42–48, 56–105, 148–155.
  89. Vittorio Hösle: Wahrheit und Geschichte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1984, S. 374–392.
  90. Michael Erler: Platon, München 2006, S. 162–171.
  91. Jürgen Wippern: Einleitung. In: Jürgen Wippern (Hrsg.): Das Problem der ungeschriebenen Lehre Platons, Darmstadt 1972, S. VII–XLVIII.
  92. Karl Albert: Platon und die Philosophie des Altertums, Teil 1, Dettelbach 1998, S. 380–398.
  93. Heinz Happ: Hyle, Berlin 1971, S. 85–94, 136–143.
  94. Willy Theiler: Untersuchungen zur antiken Literatur, Berlin 1970, S. 460–483, hier: 462f.
  95. Klaus Oehler: Die neue Situation der Platonforschung. In: Thomas Alexander Szlezák (Hrsg.): Platonisches Philosophieren, Hildesheim 2001, S. 31–46; Klaus Oehler: Der entmythologisierte Platon. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 19, 1965, S. 393–420.
  96. Hermann Steinthal: Ungeschriebene Lehre. In: Christian Schäfer (Hrsg.): Platon-Lexikon, Darmstadt 2007, S. 291–296. Steinthal hält es aber nicht für wahrscheinlich, dass man den Inhalt der ungeschriebenen Lehre „in feststehenden Lehrsätzen mit mehr oder weniger dürren Worten wiedergeben kann“; sie sei nichts Endgültiges gewesen, sondern habe Unfertigkeiten enthalten; siehe Hermann Steinthal: Zur Form der mündlich-persönlichen Lehre Platons. In: Grazer Beiträge 23, 2000, S. 59–70, hier: 68f. Vgl. Hermann Steinthal: Sieben Erwägungen zur Ungeschriebenen Lehre Platons. In: Gymnasium 111, 2004, S. 359–379.
  97. John N. Findlay: Plato. The Written and Unwritten Doctrines, London 1974, S. 6f., 19–23, 80, 350f., 455–473.
  98. Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 235–242.
  99. Herwig Görgemanns: Platon, Heidelberg 1994, S. 113–119.
  100. Walter Eder: Die ungeschriebene Lehre Platons: Zur Datierung des platonischen Vortrags „Über das Gute“. In: Hansjörg Kalcyk u. a. (Hrsg.): Studien zur Alten Geschichte, Bd. 1, Rom 1986, S. 207–235, hier: 209.
  101. Siehe Seiferts Nachwort in Giovanni Reale: Zu einer neuen Interpretation Platons, 2. Auflage, Paderborn 2000, S. 541–558, hier: 558.
  102. Joachim Söder: Zu Platons Werken. In: Christoph Horn u. a. (Hrsg.): Platon-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart 2009, S. 19–59, hier: 29f.
  103. Carl Friedrich von Weizsäcker: Der Garten des Menschlichen, 2. Auflage, München 1977, S. 337; Carl Friedrich von Weizsäcker: Platon. Ein Versuch. In: Enno Rudolph (Hrsg.): Polis und Kosmos. Naturphilosophie und politische Philosophie bei Platon, Darmstadt 1996, S. 123–143, hier: 123f., 127f.
  104. Detlef Thiel: Die Philosophie des Xenokrates im Kontext der Alten Akademie, München 2006, S. 137–225.
  105. Christina Schefer: Platons unsagbare Erfahrung, Basel 2001, S. 2–4, 10–14, 225.
  106. Cornelia J. de Vogel: Rethinking Plato and Platonism, Leiden 1986, S. 190–206.
  107. Rafael Ferber: Warum hat Platon die „ungeschriebene Lehre“ nicht geschrieben?, 2. Auflage, München 2007 (mit Forschungsbericht S. 80–84).
  108. John M. Dillon: The Heirs of Plato, Oxford 2003, S. VII, 1, 16–22.
  109. Jürgen Villers: Das Paradigma des Alphabets. Platon und die Schriftbedingtheit der Philosophie, Würzburg 2005, S. 215–250. Villers sieht in der Prinzipienlehre eine mit innerer Widersprüchlichkeit behaftete und daher nicht systematisierbare Arbeitshypothese Platons.
  110. Christopher Gill: Platonic Dialectic and the Truth-Status of the Unwritten Doctrines. In: Méthexis 6, 1993, S. 55–72.
  111. Enrico Berti: Über das Verhältnis von literarischem Werk und ungeschriebener Lehre bei Platon in der Sicht der neueren Forschung. In: Jürgen Wippern (Hrsg.): Das Problem der ungeschriebenen Lehre Platons, Darmstadt 1972, S. 88–94; Enrico Berti: Eine neue Rekonstruktion der ungeschriebenen Lehre Platons. In: Jürgen Wippern (Hrsg.): Das Problem der ungeschriebenen Lehre Platons, Darmstadt 1972, S. 240–258; Enrico Berti: Nuovi studi aristotelici, Bd. 2: Fisica, antropologia e metafisica, Brescia 2005, S. 539–551.
  112. Hans-Georg Gadamer: Dialektik und Sophistik im siebenten platonischen Brief. In: Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Band 6: Griechische Philosophie II, Tübingen 1985, S. 90–115, hier: 111–113; Hans-Georg Gadamer: Platos ungeschriebene Dialektik. In: Hans-Georg Gadamer: Gesammelte Werke, Band 6: Griechische Philosophie II, Tübingen 1985, S. 11–13, 28. Vgl. Giuseppe Girgenti (Hrsg.): Platone tra oralità e scrittura. Un dialogo di Hans-Georg Gadamer con la Scuola di Tubinga e Milano e altri studiosi (Tubinga, 3 settembre 1996), Milano 2001, S. 9–15.
  113. Rafael Ferber: Warum hat Platon die „ungeschriebene Lehre“ nicht geschrieben?, 2. Auflage, München 2007, S. 81; Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Band 2/2), Basel 2007, S. 409. Giovanni Reales einschlägiges Hauptwerk Per una nuova interpretazione di Platone liegt auch in deutscher Sprache vor: Zu einer neuen Interpretation Platons. Eine Auslegung der Metaphysik der großen Dialoge im Lichte der „ungeschriebenen Lehren“, 2. Auflage, Paderborn 2000.
  114. Maurizio Migliori: Dialettica e Verità, Milano 1990, S. 69–90. Vgl. Giovanni Reale (Hrsg.): Autotestimonianze e rimandi dei dialoghi di Platone alle „dottrine non scritte“, Milano 2008, S. 252–254.
  115. Giancarlo Movia: Apparenze, essere e verità, Milano 1991, S. 43, 60f.
  116. Patrizia Bonagura: Exterioridad e interioridad. La tensión filosófico-educativa de algunas páginas platónicas, Pamplona 1991, S. 33–54.
  117. Einige dieser Positionen sind zusammenfassend dargestellt bei Marie-Dominique Richard: L’enseignement oral de Platon, 2. Auflage, Paris 2005, S. 30–35. Zu den englischsprachigen „Antiesoterikern“ siehe Thomas Alexander Szlezák: Schleiermachers „Einleitung“ zur Platon-Übersetzung von 1804. In: Antike und Abendland 43, 1997, S. 46–62, hier: 61f.
  118. Gregory Vlastos: Platonic Studies, 2. Auflage, Princeton 1981, S. 379–403; Reginald E. Allen: Plato’s Parmenides, Oxford 1983, S. 272.
  119. Hannes Kerber: Strauss and Schleiermacher on How to Read Plato. In: Martin Yaffe, Richard Ruderman (Hrsg.): Reorientation: Leo Strauss in the 1930s, New York 2014, S. 203–214; Hannes Kerber: Rezension von Arthur M. Melzer: Philosophy between the Lines. The Lost History of Esoteric Writing. In: Philosophisches Jahrbuch 123, 2016, S. 278–281, hier: 279.
  120. Franco Trabattoni: Scrivere nell’anima, Firenze 1994.
  121. Francesco Fronterotta: Une énigme platonicienne: La question des doctrines non-écrites. In: Revue de philosophie ancienne 11, 1993, S. 115–157.
  122. Luc Brisson: Premises, Consequences, and Legacy of an Esotericist Interpretation of Plato. In: Ancient Philosophy 15, 1995, S. 117–134; Luc Brisson: Lectures de Platon, Paris 2000, S. 43–110.
  123. Eugène Napoléon Tigerstedt: Interpreting Plato, Stockholm 1977, S. 63–91. Eine Gegenargumentation bietet Hans Krämer: Neues zum Streit um Platons Prinzipientheorie. In: Philosophische Rundschau 27, 1980, S. 1–38, hier: 14–22.
  124. Theodor Ebert: Meinung und Wissen in der Philosophie Platons, Berlin 1974, S. 2–4.
  125. Ernst Heitsch: ΤΙΜΙΩΤΕΡΑ. In: Ernst Heitsch: Gesammelte Schriften, Band 3, München 2003, S. 338–347.
  126. Fritz-Peter Hager: Zur philosophischen Problematik der sogenannten ungeschriebenen Lehre Platos. In: Studia philosophica 24, 1964, S. 90–117. Hager hält die Prinzipienlehre für unvereinbar mit Platons in den Dialogen dargestellter Philosophie. Eine Gegenargumentation bietet Hans Joachim Krämer: Die grundsätzlichen Fragen der indirekten Platonüberlieferung. In: Hans-Georg Gadamer, Wolfgang Schadewaldt (Hrsg.): Idee und Zahl, Heidelberg 1968, S. 107f. Anm. 9.
  127. Günther Patzig: Platons politische Ethik. In: Günther Patzig: Gesammelte Schriften, Band 3, Göttingen 1996, S. 32–54, hier: S. 36 Anm. 3. Vgl. die Kritik von Hans Krämer: Kritische Bemerkungen zu den jüngsten Äußerungen von W. Wieland und G. Patzig über Platons ungeschriebene Lehre. In: Rivista di Filosofia neo-scolastica 74, 1982, S. 579–592, hier: 586–592.
  128. Dies ist beispielsweise die Meinung von Michael Bordt; siehe Michael Bordt: Platon, Freiburg 1999, S. 51–53.
  129. Dorothea Frede: Platon: Philebos. Übersetzung und Kommentar, Göttingen 1997, S. 403–417. Sie bestreitet insbesondere, dass Platon die Ableitbarkeit der gesamten Wirklichkeit aus den zwei Urprinzipien behauptete; siehe Dorothea Frede: Die wundersame Wandelbarkeit der antiken Philosophie in der Gegenwart. In: Ernst-Richard Schwinge (Hrsg.): Die Wissenschaften vom Altertum am Ende des 2. Jahrtausends n. Chr. Stuttgart 1995, S. 9–40, hier: 28–33.
  130. Karl-Heinz Ilting: Platons ‚Ungeschriebene Lehren‘: der Vortrag ‚über das Gute‘. In: Phronesis 13, 1968, S. 1–31, hier: 5, 29.
  131. Holger Thesleff: Platonic Patterns, Las Vegas 2009, S. 486–488.
  132. Andreas Graeser: Die Philosophie der Antike 2: Sophistik und Sokratik, Plato und Aristoteles, 2. Auflage, München 1993, S. 130–132. Kritik an einzelnen Argumenten Krämers übt Graeser in dem seinem Lehrer Harold Cherniss gewidmeten Aufsatz Kritische Retraktationen zur esoterischen Platon-Interpretation. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 56, 1974, S. 71–87.
  133. Jürgen Mittelstraß: Ontologia more geometrico demonstrata. In: Philosophische Rundschau 14, 1967, S. 27–40, hier: 39.
  134. Rafael Ferber: Warum hat Platon die „ungeschriebene Lehre“ nicht geschrieben?, 2. Auflage, München 2007, S. 19–27, 92–94. Vgl. Thomas Alexander Szlezák: Die Idee des Guten in Platons Politeia, Sankt Augustin 2003, S. 135–146.
  135. Margherita Isnardi Parente: Il problema della „dottrina non scritta“ di Platone. In: La Parola del Passato 41, 1986, S. 5–30; Margherita Isnardi Parente: Platone e il problema degli ágrapha. In: Méthexis 6, 1993, S. 73–93; Margherita Isnardi Parente: L’eredità di Platone nell’accademia antica, Milano 1989, S. 31–48. Kritisch äußert sich zu Isnardi Parentes Position Hans Krämer: Neues zum Streit um Platons Prinzipientheorie. In: Philosophische Rundschau 27, 1980, S. 1–38, hier: 4–6.
  136. Franco Ferrari: Les doctrines non écrites. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Band 5, Teil 1 (= V a), Paris 2012, S. 648–661, hier: 660.
  137. Wolfgang Kullmann: Platons Schriftkritik. In: Hermes 119, 1991, S. 1–21, hier: 19–21.
  138. Wolfgang Wieland: Platon und die Formen des Wissens, 2. Auflage, Göttingen 1999, S. 40–50, 328–330, 340. Ähnlich beurteilen die philosophische Relevanz Jürgen Mittelstraß: Platon. In: Otfried Höffe (Hrsg.): Klassiker der Philosophie, Bd. 1, München 1981, S. 38–62, hier: 59f. und Philip Merlan: Bemerkungen zum neuen Platobild. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 51, 1969, S. 111–126, hier: 123–126. Kritik an Wielands Auffassung übt aus der Sicht der „Tübinger“ Hans Krämer: Kritische Bemerkungen zu den jüngsten Äußerungen von W. Wieland und G. Patzig über Platons ungeschriebene Lehre. In: Rivista di Filosofia neo-scolastica 74, 1982, S. 579–592, hier: 579–585.
  139. Franz von Kutschera: Platons Philosophie, Band 3, Paderborn 2002, S. 149–171, 202–206.
  140. Domenico Pesce: Il Platone di Tubinga, Brescia 1990, S. 20, 46–49.
  141. Solche Vorwürfe sind vor allem von den „Tübingern“ erhoben worden; zu ihrer Sichtweise siehe Thomas Alexander Szlezák: Zur üblichen Abneigung gegen die agrapha dogmata. In: Méthexis 6, 1993, S. 155–174; Thomas Alexander Szlezák: Methodische Bemerkungen zur Diskussion um die mündliche Philosophie Platons. In: Philotheos 5, 2005, S. 174–190; Hans Krämer: Altes und neues Platonbild. In: Méthexis 6, 1993, S. 95–114, hier: 112–114. Weltanschauliche Befangenheit der „Tübinger“ vermutet Francesco Fronterotta: Une énigme platonicienne: La question des doctrines non-écrites. In: Revue de philosophie ancienne 11, 1993, S. 115–157, hier: 156f.
  142. Konrad Gaiser: Prinzipientheorie bei Platon. In: Konrad Gaiser: Gesammelte Schriften, Sankt Augustin 2004, S. 295–315, hier: 299.